Voraussetzungen, Chancen und Risiken im Emissionshandel

Einleitung: Zur Bekämpfung des Klimawandels bedarf es nicht nur Ingenieuren,  Agrarwissenschaftlern und Klimaexperten, sondern auch Spezialisten mit fundierter Finanz- und Marktexpertise, die eine Realisierung von qualifizierten Klimaschutzprojekten ermöglichen, indem sie die Marktteilnehmer zusammenbringen und ein vertrauenswürdiges Marktumfeld realisieren.  Welche Bedeutung dabei der Handel mit CO2-Zertifikaten einnehmen kann, erläutert Ebrahim Attarzadeh im Interview.

Autorenprofil: Ebrahim Attarzadeh ist Mitgründer und CEO der Callirius GmbH. Nach mehr als 20 Jahren im Investment Banking in verschiedenen Führungspositionen – zuletzt als CEO der Stifel Europe Bank/Mainfirst Bank – entschloss er sich, seine Kompetenz gezielt für den Erhalt einer lebenswerten Umwelt für nachfolgende Generationen einzusetzen.

1. Herr Attarzadeh, in Ihrer beeindruckenden Karriere im Investment Banking haben Sie zweifellos zahlreiche Erfahrungen gesammelt. Können Sie uns erzählen, was Sie bewog, einen anderen, sehr interessanten Weg einzuschlagen und sich einer neuen Herausforderung zu stellen?

Ebrahim Attarzadeh: Als Vater von drei Kindern möchte man für die nächsten Generationen eine gute Welt hinterlassen. Nachhaltigkeit war vor dem Ukraine-Krieg eines der Hauptthemen unserer Firmenkunden in der Bank, entsprechend war die Nachfrage nach grünen Projekten sehr hoch.

Die Tatsache, dass der freiwillige Markt immer noch nicht perfekt ist und integre Lösungen braucht, hat uns dazu bewogen, Callirius zu gründen, um diesen Markt zu verbessern.

2. Angesichts der Klimaziele und der Energiewende, die Deutschland und andere Länder anstreben, rückt der Handel mit CO2-Zertifikaten auf Emissionsmärkten immer stärker in den Fokus. Könnten Sie uns bitte näher erläutern, welche Rolle der Handel mit CO2-Zertifikaten im Finanzsektor spielt?

Ebrahim Attarzadeh: Zunächst muss man zwischen Emissionshandel und freiwilligem CO2-Markt unterscheiden. Der Emissionsmarkt ist ein regulierter Markt für den Handel mit Emissionsrechten, die durch die EU vergeben werden. Hier spielen viele Banken bereits eine wichtige Rolle.

Der freiwillige CO2-Markt ist, wie der Name sagt, freiwillig und nicht reguliert. Hier geht es darum, die Atmosphäre durch qualitativ hochwertige Klimaschutzprojekte aktiv zu dekarbonisieren und Klimaverantwortung zu übernehmen. Dieser Markt entwickelt sich gerade und wird sicher auch für Banken sehr wichtig werden. Allerdings findet hier nicht ein Handel im engen und klassischen Sinne statt, sondern Unternehmen oder Einzelpersonen kaufen Zertifikate, die sie sich gegen ihre eigenen Emissionen anrechnen lassen und diese somit neutralisieren.

3. Um am Handel mit CO2-Zertifikaten teilnehmen zu können, sind bestimmte Voraussetzungen und Kompetenzen erforderlich. Könnten Sie uns bitte erklären, welche rechtlichen, technischen und finanziellen Anforderungen eine Person oder eine Institution erfüllen muss, um erfolgreich am CO2-Zertifikatehandel teilnehmen zu können?

Ebrahim Attarzadeh: Sie können als Einzelperson nicht an dem regulierten, dem EU-ETS-Markt, handeln. Dieser Markt ist für Unternehmen für große Emissionen gedacht, die durch den Handel mit den Zertifikaten unter den von der EU gesetzten Schwelle bleiben müssen. Es gibt allerdings von Banken strukturierte Derivate, durch die auch Einzelpersonen an der Preisänderung der Zertifikate partizipieren können.

Im freiwilligen Markt kann jeder seinen Beitrag leisten, indem er für individuelle Emissionen Projekte unterstützt. Ein klassisches Beispiel ist das CO2-reduzierte Fliegen, das bei vielen Fluggesellschaften angeboten wird.

4. An jedem Markt gibt es Chancen und Risiken. Der Handel mit CO2-Zertifikaten bildet da keine Ausnahme. Könnten Sie uns bitte einige der wichtigsten Chancen und Risiken im Zusammenhang mit dem Handel von CO2-Zertifikaten auf dem Emissionsmarkt erläutern?

Ebrahim Attarzadeh: Im regulierten Markt sind die Chancen und Risiken allein an den Preis gekoppelt.

Im freiwilligen Markt sind die Risiken nicht nur am Preis, sondern auch ans Projekt gekoppelt. Projekte können ausfallen – zum Beispiel durch Waldbrand, Wetterschäden oder Borkenkäfer. Hier besteht das theoretische Risiko, dass Sie Zertifikate gekauft haben, die dann die Klimaleistung nicht mehr erbringen. Das Risiko wird für gewöhnlich durch entsprechende Puffer gemildert, aber ein theoretisches Restrisiko bleibt immer.

5. Abschließend, welche konkreten Empfehlungen würden Sie Personen geben, die sich für das Thema CO2-Zertifikate interessieren und möglicherweise am Handel teilnehmen möchten?

Ebrahim Attarzadeh: Setzen Sie immer auf Qualität und Transparenz. Die Tendenz zeigt, dass hochqualitative Projekte im Preis steigen und entsprechend auch den besten Klimabeitrag bringen.

Wer nur auf Handel setzen möchte, kann über entsprechende Derivate auf den EU-ETS- Contract an der Preisschwankung partizipieren.